Von der Chemielaborantin zur Küsterin
Die 54-jährige Elena-AnaWagner ist der gute Geist der evangelischen Kirchengemeinde
Küsterin mit Leib und Seele ist Elena-Ana Wagner.
Seit zwei Jahrzehnten sind die Kirche Zum guten Hirten
und das evangelische Gemeindehaus in Damme
ihr zweites Zuhause.
Foto: Lammert
Seit 20 Jahren ist Elena-Ana Wagner Küsterin der evangelischen Kirchen- gemeinde Damme. Eine lange Zeit. Doch von Alltagstrott keine Spur.
Vor jedem Gottesdienst hat sie immer noch Herzklopfen.
Von Klaus-Peter Lammert
Damme - Dass es die heute 54-Jährige und ihre Familie 1990 nach Damme gezogen hat, war ein Zufall. Elena-Ana Wagner, von allen nur Anni genannt, und ihr Mann Helmut waren aus Frauendorf in Rumänien nach Deutschland ausgewandert. Über Berlin kamen sie nach Braunschweig in ein Heim für Übersiedler. Dort schickten die Verantwortlichen sie nach Damme. Es hätte auch jeder andere Ort sein können. Für die Wagners und die evangelische Kirchengemeinde erwies sich die Zuweisung als Glücksfall.
Aber warum hat die Familie Rumänien verlassen, wo ElenaAna Wagner immerhin 16 Jahre als ausgebildete Chemielaborantin gearbeitet hat? Es war die Zeit des politischen Umbruchs in Rumänien. Der langjährige Staatschef und Diktator Nicolae Ceausescu war am 25. Dezember 1989 hingerichtet worden. Viele Rumänen kehrten dem Land den Rücken zu, darunter vor allem Pastoren und Lehrer. „Somit war nicht mehr gewährleistet, dass unsere Kinder weiter eine deutsche Schule besuchen konnten. Darauf haben wir aber großen Wert gelegt, weil wir Deutsche sind", sagt die vierfache Mutter, die orthodox getauft wurde und mit ihrer Hochzeit zum evangelischen Glauben übertrat.
Der Glauben spielte für sie immer eine wichtige Rolle in ihrem Leben: „Ich glaube an Gott. Die Kirche war und ist für uns der Mittelpunkt." Da lag es nahe, dass sie sich nach dem Eintreffen in Damme zunächst an den damaligen evangelischen Pastor Martin Martin Frebel wandte. Schnell war klar: ElenaAna Wagner sollte die Nachfolge Elsbeth Vördings als Küsterin antreten. Die scheidende Küsterin arbeitetee ihre Nachfolgerin ein. „Küster ist ein Beruf, der sich beim Mitmachen erlernen lässt", sagt Elena-Ana Wagner, die einen Arbeitsvertrag über 28 Stunden pro Woche mit der Kirchengemeinde geschlossen hat.
Nur: Ohne die tatkräftige Hilfe der ganzen Familie könnte sie das Arbeitspensum wohl kaum bewältigen. Ihr Aufgabenfeld ist vielfältig, reicht von der Organisatorin über die Floristin und Disponentin bis hin zur Raumpflegerin. Sie bereitet die Gottesdienste vor und schmückt die Kirche jede Woche mit Blumendekorationen, die sie sich selbst ausdenkt. „Das Schmücken muss etwas besonderes sein." Gerne arbeitet der gute Geist der Kirchengemeinde mit unterschiedlichsten Naturmaterialien: „Ich bin eine Bastlerin", sagt sie.
Hinzu kommen das Reinigen der Kirche und des Gemeindehausec, dessen Böden sie jeden Tag wischt. Und noch eine ganz wichtige Aufgabe obliegt ihr: Sie ist für die Bestellung der Hostien und des Weines zuständig. Bei letzterem gibt es eine große Konstanz seit ihrem Dienstantritt: Wie schon zu Martin Frebell Zeiten bestellt Elena-Ana Wagner auch heute noch einen süßen Likörwein.
Quelle: OV vom 11. Oktober 2011